Professionell und mit Empathie
Die Kombination von Clearingstelle und Anonymem Behandlungsschein (ABS) hat sich nach Ansicht aller Projektbeteiligten bewährt. Das wurde beim Besuch des baden-württembergischen Sozialministers Manfred Lucha beim DRK-Kreisverband Ulm deutlich, wo er sich über den Stand des vom Land geförderten Modellprojekts informierte. Das trägt den Titel „Gesundheit für Alle – Clearingstelle und Anonymer Behandlungsschein Ulm“ und hat zum Ziel, Menschen ohne ausreichende Krankenversicherung Zugang zum Gesundheitssystem zu verschaffen.
Es beruht auf zwei Säulen, wie Koordinatorin Martina Söll erläuterte: Einerseits gehe es um schnelle medizinische Hilfe bei akuten Erkrankungen, wozu Anonyme Behandlungsscheine ausgegeben werden. Mit ihnen können Patienten, die nicht krankenversichert sind, eine Arztpraxis ihrer Wahl aufsuchen. Andererseits könne geklärt werden, ob noch ein Versicherungsschutz besteht, beziehungsweise ob und wie die Betreffenden ins System zurückgeführt werden können. „Wir wollen keine Parallelstrukturen aufbauen“, betonte Söll. Die Verknüpfung von Beratung und ABS-Ausgabe sei „hervorragend“ und sollte beibehalten werden, sagte Bürgermeisterin Iris Mann. Das bestätigte Martina Söll: „Denn die Leute kommen in der Regel erst zu uns, wenn sie Schmerzen haben.“ Sie sei selbst überrascht vom hohen Bedarf. In den vergangenen vier Monaten hätten sich 63 Menschen an die Clearingstelle gewandt. Aufmerksam gemacht wurden sie nicht selten von anderen Institutionen, mit denen die Clearingstelle vernetzt sei, wie Verena Gienger von der DRK-Projektstelle berichtete. Die Zusammenarbeit mit Beratungsstellen, Ärztinnen, Ärzten und Apotheken vor Ort sei sehr gut, so Söll: „Wir wollen die vor Ort vorhandenen Ressourcen so effektiv wie möglich bündeln“.
Das Projekt, das bis 31. März 2025 läuft, dient auch dazu, Daten zu erheben und Hinweise zu geben, was und wo nachgebessert werden muss und wie „strukturelle Nachhaltigkeit erreicht werden kann“, hoben Philipp Heimann und Stefanie Munz vom Verein Medinetz hervor. Der ist ebenso im Boot wie die Uni Ulm, die für die wissenschaftliche Begleitung zuständig ist. Sie sei sich bewusst, dass für die Etablierung der Stelle langwierige Verhandlungen mit Kosten- und Leistungsträgern nötig seien und dicke Bretter gebohrt werden müssen, sagte Martina Söll. Aber für die Klientinnen und Klienten wäre es fatal, „wenn es uns plötzlich oder eine Zeitlang nicht mehr gäbe“. Bürgermeisterin Mann sprach sich ebenfalls dafür aus, die Stelle zu verstetigen und die Kostenträger einzubinden. Minister Lucha zeigte sich beeindruckt von der Professionalität und der Empathiefähigkeit der Projektbeteiligten.