Da werden auch Chefs zu Hilfsarbeitern: Vier Stunden pro Quartal können Mitarbeiter des Finanzbereiches der Teva ratiopharm während ihrer Arbeitszeit in Rotkreuz-Einrichtungen mitschaffen.
Berührungsängste darf´s auf beiden Seiten nicht geben, wenn Führungskräfte wie Andreas Burkhardt, Finanzchef der Teva Deutschland, im Tafelladen des Roten Kreuzes mitschaffen. Er findet es völlig normal, "wenn eine ältere Dame mir da sagt, dass ich die Brötchen völlig falsch einsortiert habe" - und macht es beim nächsten Mal besser.
Die 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzabteilung von Teva ratiopharm können sich pro Quartal vier Stunden freistellen lassen für soziale und gemeinnützige Tätigkeiten. Dazu kooperiert die Abteilung mit dem DRK-Kreisverband Ulm. "Wir möchten das Rote Kreuz in seinen vielfältigen Aufgaben unterstützen", unterstreicht Burkhardt. Er legt Wert darauf zu betonen, dass die Initiative zum sozialen Engagement aus der Mitarbeiterschaft kam. Angesichts des aktuellen Drucks auf das Sozialsystem und die sozialen Organisationen hätten ihn die Mitarbeiter gefragt, ob man da nicht etwas tun könne. Hinzu komme: Als einer der größten Arbeitgeber vor Ort trage die Firma auch soziale Verantwortung. Ihm und seinen Kollegen sei wichtig, dass die Aktion sich nicht auf einen Tag beschränke, sondern nachhaltig und dauerhaft sei. "Viele Menschen sagen, sie würden sich gerne engagieren, wenn sie nur wüssten, wo und wie", sagt Controller René Schweigert. Er betrachtet daher die Kooperation mit dem DRK auch als Chance, seine eigenen Interessen und Fähigkeiten auszuloten. Er selbst war aktiv beim Kinderprogramm in der Flüchtlingsunterkunft Bleidornkaserne und half, dort ein Spielzimmer einzurichten. Ihn habe es sehr berührt, Mütter kennenzulernen, die aus einem anderen Kulturkreis und mit ihren Kindern um die halbe Welt fliehen mussten. Diese persönlichen Begegnungen machten anschaulich, welche Schicksale sich hinter den Meldungen der Tagesnachtrichten verbergen.
Etwa 50 Prozent der Beschäftigten in der Abteilung hätten sich bisher für den freiwilligen Dienst gemeldet. Sehr viele von ihnen seien mittlerweile regelmäßig im Einsatz, darunter nicht wenige, die sich die Stunden gar nicht gutschreiben lassen, sagt Finanzchef Burkhardt. Einige von ihnen unterstützen die ehrenamtlichen Teams der Ulmer Tafel, die täglich dafür sorgen, dass die Bewohner des Übernachtungsheims und andere Bedürftige ein dreigängiges gesundes Essen bekommen. "Das ist echte Knochenarbeit", sagt Manfred Thumm voller Anerkennung für die Ehrenamtlichen. "Die Töpfe sind schwer, und die Arbeit muss gut durchorganisiert sein." Normalerweise sitzt er am Computer im Donautal und prüft die Zahlen, er ist zuständig für die Buchhaltung. In der Küche des Übernachtungsheims macht er Karriere vom Gemüseschnippler zum Salatsoßenmischer. Mit dabei aus seinem Ressort ist Ruth Reineke. "Mein Ziel ist es, zum Dessert aufzusteigen", sagt sie und lacht. Auch sie ist beeindruckt vom hohen Anspruch der ehrenamtlichen Köche und der Gäste. Deren positive Reaktion und Dankbarkeit "war für mich ein kleines Wunder", sagt Manfred Thumm. Er ist davon überzeugt: "Wer hier mitschafft, holt für sich selber mehr raus als er reingibt."
Nicht zuletzt haben die Kollegen neue Gesprächsthemen, Chefs und Mitarbeiter tauschen sich aus über ihre neuen Erfahrungen, bilden Tandems für den nächsten Einsatz. Außerdem werde es "viel schwerer, Vorurteile zu pflegen", sagt Andreas Burkhardt, der im Tafelladen mit langjährigen DRK-Mitarbeitern, mit ehrenamtlich tätigen Flüchtlingen und auch mit Menschen, die vom Gericht verhängte Sozialstunden leisteten, zusammengearbeitet hat - ohne Berührungsängste, aber mit viel Gewinn für alle Seiten.
Info: Seit etwa einem Jahr besteht die Kooperation zwischen DRK-Kreisverband Ulm und dem Finanzbereich der Teva ratiopharm. Die Mitarbeiter können, wenn sie es wünschen, sich wohnortnah engagieren, zum Beispiel für die Tafelläden Langenau, Laichingen, Erbach, Blaustein und Ehingen. "Wir sind sehr dankbar für diese Zusammenarbeit", sagt Claudia Steinhauer, Leiterin der Abteilung Soziale Dienste beim DRK-Kreisverband. "Wir sehen darin auch eine Anerkennung und Wertschätzung der täglichen Arbeit unserer hauptamtlichen und der vielen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter."